Starke Frauen, starke Wirtschaft
Von Gastwirtinnen für Gastwirtinnen
Der folgende Beitrag wurde im Rahmen des Projektes "Starke Frauen, starke Wirtschaft" im Frauen-Blog des Frauenmuseums veröffentlicht.
An uns Wirtinnen geht der Appell, mit Feingefühl, aber auch mit Beharrlichkeit und Ausdauer unsere Zukunft mitzugestalten und Zeichen zu setzen, die uns ein friedliches und wertvolles Miteinander sichern.
Begonnen hat die Geschichte der Frauen im Hoteliers- und Gastwirteverband (HGV) im Jahr 2009. Es war das besondere Anliegen einiger engagierter Frauen im Verband, den Pionierinnen unter den Gastwirtinnen eine gebührende Anerkennung und eine wertschätzende Sichtbarkeit zu geben. Für sie sollte es einen festen Platz in der Erinnerung des Aufbaues und des Wachsens der Gastronomie und der Hotellerie in Südtirol geben. Gleichzeitig sollte eine Plattform geschaffen werden, wo sich die Gastwirtinnen in Südtirol austauschen und an einem speziellen Bildungs- und Freizeitangebot teilnehmen können. 2020 wurde die Initiative dann als „Vereinigung Südtiroler Gastwirtinnen“ im HGV statutarisch verankert.
Dass Südtirols Gastwirtinnen einen wertvollen Beitrag für das Hotel- und Gastgewerbe geleistet haben und noch immer leisten, zeigt ein Blick in die Geschichte des Tourismus in Südtirol. In den 1950er- und 1960er-Jahren kam es zum Aufbruch des Tourismus in Südtirol, gefolgt von einem Boom in den 1970er-und 1980er-Jahren. Viele Gastbetriebe entstanden und in den Familienbetrieben waren es oftmals die Frauen, die Aufbauarbeit geleistet haben. Meist ohne professionelle Ausbildung und aus einfachem, oft bäuerlichem Hause, schmissen sie den Gastbetrieb, während sich die Männer oftmals in der Politik oder im Vereinswesen engagierten oder die Gäste unterhielten. Die Gastwirtin war die gute Seele des Betriebes, für den Gast und die Mitarbeitenden stets ansprechbar.
Der Arbeitstag der Wirtin endete oftmals erst um Mitternacht, wöchentliche Ruhetage kannte man nicht. Zudem musste in vielen Fällen noch Raum und Zeit sein für die Familie, die Kinder.
Gut kochen, ein sauberes Bett und die herzliche Gastfreundschaft – das war für die Wirtin damals das „Marketing“. Es stand für Bekanntheit und Beliebtheit. Die Wirtinnen suchten weniger das Rampenlicht, sondern waren bestrebt, für die materielle Sicherheit der eigenen Familie zu sorgen und den positiven Werdegang des Gastbetriebes fortzuführen.
Es sind die spannenden Geschichten dieser Gastwirtinnen, ihre Erfahrungen und die besonderen Herausforderungen der damaligen Zeit, die zeigen, mit welchem selbstlosen Einsatz und mit welcher Überzeugung sie den touristischen Aufbau in Südtirol geprägt haben und bis heute prägen.
So die Vereinigung Südtiroler Gastwirtinnen im HGV.
Die Vereinigung Südtiroler Gastwirtinnen im HGV besteht aus der Vorsitzenden Helene Benedikter, Gasthof Post in Trens, Evelyn Rainer, Hotel Rainer Eggele in Winnebach, Marlene Waldner, La Maiena Meran Resort in Marling, und Adele Erika Huber, Hotel Langeshof in Altrei.
Helene Benedikter
Im Jahr 1989 stand die Erbfolge unter uns vier Geschwistern zur Debatte, doch der Wunsch unserer Eltern war es, dass ich den Betrieb übernehme. Es war damals eine sehr mutige Entscheidung meinerseits, denn unsere Kinder waren damals acht und zehn Jahre alt und mein Mann war anderweitig beruflich tätig, also war die Herausforderung und die Verantwortung sehr groß.
Gastwirtin zu sein ist Berufung. Es ist das gute Gefühl, den Menschen Erholung und schöne Urlaubstage bieten zu können.
Die Herausforderung in unserem Beruf ist die Vielseitigkeit, die uns täglich abverlangt wird. Das richtige Feeling für Gäste und Mitarbeitende zu haben, den wirtschaftlichen Erfordernissen gerecht zu werden und dabei den Zusammenhalt in der Familie stets als das Wichtigste zu erkennen und zu fördern.
Evelyn Rainer
Ich bin im Betrieb aufgewachsen und für mich war immer klar, dass ich nicht im Betrieb arbeiten bzw. den Betrieb weiterführen will. Ich habe nach der Matura Betriebswirtschaft in Innsbruck studiert und nach meinem Abschluss bei einer Unternehmensberatung gearbeitet. Dieser Job hat mich aber nicht glücklich gemacht. Montags bis freitags von 9 Uhr bis 17 Uhr zu arbeiten, das war nicht meins. Dann bin ich in den Tourismus gewechselt. Zuerst habe ich meine Erfahrungen an der Rezeption in einem Hotel in Alta Badia gemacht. Danach bin ich in die Geschäftsleitung eines Fünf-Sterne Hotelbetriebes mit Sterne- und Hauben-Gastronomie am Arlberg gewechselt. Dort habe ich in kürzester Zeit sehr viel gelernt. Nachdem meine Eltern den Entschluss gefasst haben, das Hotel etwas umzubauen, habe ich entschieden im elterlichen Betrieb mitzuarbeiten. Am 1. Jänner 2014 habe ich dann den Betrieb übernommen.
Ich habe den besten Job der Welt. Ich kann die schönsten Tage im Jahr mit den Gästen miterleben und mitgestalten. Ich liebe, was ich tue. Es ist so toll, jeden Tag verschiedene Menschen und ihre Geschichten kennenzulernen.
Ich habe das große Glück, dass mir meine Eltern voll und ganz vertrauen und mich in allen Entscheidungen unterstützen. Sie waren froh zu sehen, dass der Betrieb in ihrem Sinne weitergeführt wird. Meine Eltern arbeiten noch voll im Betrieb mit, somit habe ich auch Zeit, mich um unsere Söhne zu kümmern. Mein Mann unterstützt mich sehr – im Betrieb und auch im privaten Haushalt bzw. bei der Betreuung unserer Kinder.
Da ich keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Büro bzw. an der Rezeption habe, ist die große Herausforderung für mich, die extreme Bürokratisierung. Alles wird komplizierter und aufwändiger. Die Gäste benötigen sehr viele Informationen vor der Anreise und dann auch vor Ort. Es ist sehr zeitintensiv. Zudem ist es für uns alle schwer, Mitarbeitende zu finden und diese auch zu halten. Die extremen Preissteigerungen machen es uns sehr schwer, zu kalkulieren und wir können nicht so schnell die Preise anpassen – die Gäste sind preissensibel.
Marlene Waldner
Ich bin seit 40 Jahren im Betrieb tätig, vorher war ich schon etliche Jahre mit meiner Mama im Quellenhof in Passeier, wo ich schon früh mitgearbeitet habe. Als ich ins „Nörder“ – heute La Maiena Meran Resort – kam, war mein Mann bereits Chef und somit bin ich mit 22 Jahren bereits Chefin gewesen. Es war nicht leicht, aber durch die Erfahrungen im Quellenhof war es für mich nicht schwer.
Gastwirtin ist für mich der schönste Beruf der Welt, denn man kann sich nirgends so entfalten wie im Gastgewerbe. Vor allem man ist immer mit netten Menschen zusammen.
Familie und Betrieb unter einem Hut zu bringen, ist nicht leicht, aber wenn man will, schafft man alles. Man ist als Familie immer zusammen und kann sich gut die Arbeit einteilen.
Adele Huber
Ich bin im Langeshof in Altrei geboren und habe schon als Kind im Betrieb unserer Familie mitgeholfen, wie es früher ebenso war. Da meine Eltern eine Landwirtschaft hatten und ich so gar nicht gern auf die Felder bin, stand ich schon als Mittelschulmädchen mit meiner Oma daheim am Herd, sie war vor ihrer Heirat Köchin in Gasthäusern und während des Krieges in Sizilien in einem Herrenhaushalt. Von ihr habe ich das Kochen gelernt und meine Leidenschaft für die Küche und die Gastronomie geerbt. Ich ging dann auf die Hotelfachschule in Meran und sollte den Gasthof direkt von meinen Großeltern übernehmen. Schon damals war es mein Traum, den Gasthof in ein kleines Hotel umzubauen.
Ich bin mit Leib und Seele Gastwirtin, ich liebe es, meine Gäste kulinarisch zu verwöhnen, den Kontakt mit den Gästen, wenn ich morgens beim Frühstück oder abends nach dem Essen-Service mich unter die Gäste mische und a „Ratscherle“ machen kann.
Die größte Herausforderung ist es, in einem so kleinen abgelegenen und eher unbekannten Dorf wie Altrei wettbewerbsfähig zu sein und den Gästen das besondere Etwas zu bieten.
Inzwischen sind meine beiden Kinder erwachsen, der ältere Sohn arbeitet mit im Langeshof und wird in wenigen Jahren den Betrieb übernehmen. Als die Kinder noch klein waren und ich noch verheiratet war, war es natürlich anstrengend, Betrieb und Kinder unter einen Hut zu bekommen. Ich hatte aber das große Glück, dass meine Großeltern im Nebenhaus wohnten und die Kinder da sein konnten, in der Hochsaison half die Nachbarin als Kinderfrau.
Jetzt als alleinstehende, geschiedene Frau kommt immer noch zuerst der Betrieb, dann das Privatleben, was sicher manchen Mann etwas „abschreckt“, da ich in der Saison sieben Tage in der Woche in der Küche stehe.